Ernest & Célestine: Die Reise ins Land der Musik

Célestine sitzt auf der Schulter von Ernest

Eine Reise in die Vergangenheit

Endlich ist der Winter vorbei und Ernest erwacht mit einem Bärenhunger aus dem Winterschlaf. Doch die Speisekammer ist leer und Geld ist auch keines vorhanden. Bevor sich Ernest und seine Mäusefreundin Célestine mit Straßenmusik etwas Essen verdienen können, geschieht das Unglück: Die ungeduldige Célestine stolpert und zerbricht dabei aus Versehen Ernests wertvolle Geige. Nur der Geigenbauer Octavius kann die wertvolle Stradibäri reparieren. Doch der lebt in Ernests alter Heimat Scharabska, und dorthin will Ernest auf keinen Fall zurück. Als sich Célestine auf eigene Faust auf den Weg macht, folgt ihr der Bär widerwillig. Schließlich kennt er den beschwerlichen Weg durch die verschneiten Berge und kann seine Freundin nicht im Stich lassen.

Ernest und Célestine musizieren mit anderen

Verbotene Töne

Bei ihrer Ankunft stellen sie entsetzt fest, dass Octavius spurlos verschwunden und Musik per Gesetz verboten ist. In dem Land, in dem einst überall musiziert und gefeiert wurde, ist nur noch ein einziger Ton erlaubt. Eine Musikpolizei geht streng gegen die Verwendung von verbotenen Tönen vor: Musiker*innen werden ins Gefängnis geworfen und ihre Instrumente konfisziert. Selbst Vögel werden fürs Zwitschern bestraft. Ernest kann es kaum glauben, als er erfährt, wer für diese absurden Verbote verantwortlich ist: Sein eigener Vater hat das sogenannte Ernestof-Gesetz erlassen, nachdem sich sein Sohn gegen den Richterberuf und für eine Musikerkarriere entschieden und das Land verlassen hat. In Scharabska erlernen Söhne den Beruf ihrer Väter und Mädchen den ihrer Mütter. Ganz nach dem Wahlspruch: Es ist, wie es ist und so bleibt es.

Doch so kann es nicht bleiben! Da sind sich Ernest und Célestine einig. Noch einmal will Ernest nicht davonlaufen, diesmal will er kämpfen. Dafür, dass sich jedes Kind seinen Beruf selbst aussuchen darf, für die Freilassung der Musiker*innen und die Freiheit zu musizieren. Maus und Bär beschließen, den geheimen musikalischen Widerstand zu unterstützen und setzen alles daran, die Musik und damit auch die Freude in Ernests Heimat zurückzubringen.

Über den Film

Auch das zweite Kinoabenteuer von Ernest und Célestine besticht durch seine liebevolle Animation, wunderschönen Aquarellbilder und einer kindgerecht verpackten, gesellschaftskritischen Geschichte über Traditionen, Widerstand, Freiheit und die verbindende Kraft der Musik.

Schon der erste Film war ein kleines und in seinen flüchtigen Aquarellzeichnungen sehr feines Wunderwerk. Vorurteile wurden abgebaut, Mauern zwischen Parallelgesellschaften eingerissen. Während der Reise ins Land der Musik wird der Blick nun auf einen anderen Kulturkreis erweitert. Ernests Heimat, irgendwo an der Grenze zwischen Orient und Okzident gelegen, ist ein Fantasiegebilde, das an die undefinierbaren Länder aus den Filmen Veit Helmers erinnert und an Einfallsreichtum schwerlich zu übertreffen ist. Eindeutig zuzuordnen ist dieser Staat nicht und will er auch gar nicht sein. Die Originalität, mit der Land und Leute, Architektur und Technik, Kunst und Kultur zu einem stilpluralistischen, aber stets stimmigen Ganzen zusammengefügt werden, beeindruckt.

Erzählerisch schlägt die Fortsetzung etwas ernstere, durchaus politische, dabei aber stets augenzwinkernde (ein Bär sieht beispielsweise aus wie einer der Leningrad Cowboys) und kindgerecht verpackte Töne an. Es geht ums engstirnige Festhalten an Traditionen, die eine Gesellschaft erstarren lassen. Und es geht darum, dass in autoritären Regierungsformen neben anderen Freiheiten nicht zuletzt die Kunstfreiheit dran glauben muss.

Fazit: Die Fortsetzung des auf Gabrielle Vincents Kinderbuchreihe basierenden Zeichentrickfilms "Ernest & Célestine" (2012) übertrifft das Original. "Die Reise ins Land der Musik" des Brummbären und der cleveren Maus ist ein rundum stimmiges Wunderwerk. Erstklassig animiert, feinfühlig und tiefgründig erzählt spricht die zeitlose Geschichte alle Altersklassen an. Einer der besten, wenn nicht der beste Animationsfilm des Jahres 2023!
Falk Straub, kino-zeit.de

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